Lettisches Centrum Münster e.V.

   

Radfahrerprotest in Riga
26.05.2018


"Kritische Masse" reagiert auf Ignoranz der Stadtpolitiker

FahradwegdenkmalFür Fahrradfahrer sind die Straßen Rigas nach wie vor ein gefährliches Pflaster. Radwege und Radstreifen sind eine Seltenheit, Beinahekollisionen mit Motorisierten gehören zum Alltag. Zudem ist es seit 2016 den Benutzern der Drahtesel verboten, die breiten Bürgersteige zu befahren. Nun müssen sie auf den Fahrbahnen gleich neben den Autofahrern ins Pedal treten. Eigentlich sind Lettlands ebene Landschaften für lange Radtouren wie geschaffen. Doch allenthalben fehlen Radwege. Die Gefahren sind wohl der gewichtigste Grund, weshalb nur 9,9 Prozent der lettischen Einwohner das Fahrrad regelmäßig nutzen (riga.lv). Doch die Zahl unverdrossener Biker wächst unaufhaltsam. Sie haben sich der weltweiten Bewegung der "critical mass" angeschlossen: Am 1. Mai demonstrierten Rigas Radler zum 15. Mal in der Innenstadt und erinnerten die Stadtpolitiker an ihre Vorhaben.

Die Promenade mit Fahrradweg an der Daugava. Ein Fahrradweg ist in Riga etwas ganz Besonderes, deshalb wurde ihm ein Denkmal gewidmet. Foto: LP

 

Mehr als 1000 Radfahrer versammelten sich um 13 Uhr am Dailes Theater. Einer solchen Masse konnten Autofahrer die Vorfahrt nicht verwehren. Die Demonstranten begaben sich auf eine 34 Kilometer lange Fahrt durch die Rigaer Innenstadt, dies- und jenseits der Daugava.

Nach Meinung des Journalisten Uldis Abolins kümmert sich die Stadtregierung zu wenig um die Sicherheit radelnder Verkehrsteilnehmer. Nicht mal Fahrradspuren werden markiert. Er zitiert dazu den Demo-Mitorganisator Maris Jonovs: "Auf drei Straßen wurden sie eingerichtet, geplant waren sie auf acht, doch nach den drei ist nichts mehr geschehen. Auch das minimale Radnetz, das die Fahrt ins Zentrum ermöglichte, wurde nicht gebaut. Leider wurden auch sämtliche Versprechen vergessen, dass auf den Straßen der Innenstadt Radspuren eingerichtet werden, auch die Brücken sind nicht normal zu überqueren." (skaties.lv) Befragte Teilnehmer der Protestaktion berichteten von gefährlichen Situationen im Autoverkehr und vom enttäuschenden Verhalten der zuständigen Stadtpolitiker.

Obwohl die Organisatoren ihrem Facebook-Aufruf Verhaltensregeln hinzugefügt hatten, beschwerte sich die Polizei über die Missachtung der Verkehrsregeln (nra.lv). Der Demoweg sei nicht abgesprochen, sondern "spontan und chaotisch" gewesen, so dass die Ordnungshüter die Strecke nicht hätten sichern können. Eltern wurden davor gewarnt, mit ihren Kindern teilzunehmen. Die Polizisten beschwerten sich auch darüber, dass die Radler die Fahrbahnen statt (die eher seltenen) parallel verlaufenden Radwege in Anspruch nahmen und Verkehrsampeln ignorierten. Doch gerade solche Regelwidrigkeiten gehören zum Protest: Die Kritische Masse beansprucht damit für wenige Stunden die Vorfahrt, die ihr im Alltag verwehrt wird.




 
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