Ein von Krisjanis Karins gewünschte Arbeitsgruppe zu Medizinergehältern stößt auf Ablehnung
11.01.2020
Lettische Gewerkschafter werten Karins` Vorstoß als Ablenkungsmanöver
„Wenn Du nicht mehr weiter weiß, dann bilde einen Arbeitskreis“ - an diesem in Deutschland recht bekannten Motto scheint sich auch die lettische Regierung zu orientieren. Nachdem im verabschiedeten Haushaltsetat für 2020 die vom Gesetzgeber zugesagten Gehaltserhöhungen für das medizinische Personal nur zur Hälfte finanziert wurden, protestierten die Betroffenen vor der Saeima und fordern seitdem deren Auflösung und Neuwahl (LP: hier). Die zuständige Gesundheitsministerin Ilze Vinkele (Attistibai/ Par!) zeigte Verständnis für deren Unmut und forderte eine höhere Staatsverschuldung, um die Gehaltserhöhungen im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang doch noch zu erfüllen. Aber Ministerpräsident Krisjanis Karins (Jauna Vienotiba) akzeptierte keine Budgetänderungen und wies seine Ministerin öffentlich zurecht. Er beauftragte zunächst Vinkele statt dessen damit, bis Ende Januar 2020 ein neues Gehaltsmodell zu entwickeln, um die Bezahlung von Ärztinnen und Pflegern transparenter zu gestalten. Nun soll sich ein Think Tank, bestehend aus Experten der Staatskanzlei, die sich mit innovativen Verwaltungsmethoden beschäftigen und Delegierte der Mediziner-Gewerkschaft LVSADA dieser Aufgabe widmen. Doch die Gewerkschafter lehnen eine Mitarbeit ab und werfen Karins vor, von der gebrochenen Gehaltszusage des Gesetzgebers ablenken zu wollen.
Altes Gebäude der Stradina-Universitätsklinik in Riga, Foto: Jukemake - Paša darbs, CC BY-SA 4.0, Saite
In einer Presseerklärung vom 2. Januar 2020 wirft die LVSADA Karins vor, „eigenmächtig und ohne logische Begründung“ ein neues Gehaltsmodell für den medizinischen Bereich einführen zu wollen (lvsada.lv). Den Gewerkschaftern scheint dies sonderbar, denn der Bedarf nach einer solchen Arbeitsgruppe sei weder im Nationalrat der dreiseitigen Zusammenarbeit (zwischen Unternehmern, Gewerkschaftern und Vertretern der Regierung), noch im Strategischen Rat des Gesundheitsbereichs, der Ilze Vinkele untersteht, besprochen worden. Ebenso sei unklar, weshalb das bisherige Gehältersystem überarbeitet werden müsse. Die Gewerkschafter beklagen nicht die Gehaltsstruktur, sondern die allgemein zu geringe Bezahlung der staatlichen Angestellten im Gesundheitsbereich.
Deshalb, so ist in der Presseerklärung weiter zu lesen, hat die LVSADA in dieser Angelegenheit das Gesundheitsministerium befragt. Doch dieses habe in seiner Antwort lediglich darauf hingewiesen, dass man einen Auftrag des Ministerpräsidenten Karins erfülle. Das offenbart den tiefen Riss, der zwischen dem Ministerpräsidenten und der Gesundheitsministerin besteht.
Die LVSADA wertet dieses Vorgehen der Regierung als unprofessionell und nicht akzeptabel. „Es ist klar zu erkennen, dass ohne eine wirkliche Begründung eigenmächtig ein anstehendes Bürokratie-Karussell gestaltet wird, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vom wahren Problem abzulenken: Die Nichterfüllung der gesetzlich garantierten Gehaltserhöhungen in der Branche.“
Allerdings sehen Daiga Behmane, Vorsitzende des Verbandes für Gesundheitsökonomie und Girts Brigis, Professor im Fachbereich Öffentliche Gesundheit und Soziales der Stradina-Universität, durchaus Reformbedarf. Das derzeitige Gehaltssystem sei intransparent und prinzipiell fehlerhaft organisiert, teilten sie der Webseite jauns.lv mit. Bereits innerhalb eines Krankenhauses seien die Gehaltsunterschiede recht groß und einen unangemessen hohen Anteil nähmen Zuzahlungen ein, die in den Kliniken nach je eigenen Kriterien gewährt würden.
Atpakaï