Latvieðu Centrs Minsterç

   

Am 6. Oktober 2018 wählen Lettinnen und Letten die 13. Saeima
03.10.2018


Soziale Ungleichheit ist ein Wahlkampfthema

lettisches ParlamentBei den bevorstehenden Wahlen zur lettischen Saeima dürften nach derzeitigem Umfragestand (lsm.lv) sieben Fraktionen ins Parlamentsgebäude in der Rigaer Altstadt einziehen. Die bisherige Mitte-Rechts-Koalition aus den Parteien Vienotiba (Einigkeit), ZZS (Union der Grünen und Bauern) und Nationaler Allianz könnte ihre Mehrheit verlieren. Dies liegt vor allem an der Schwäche der liberalkonservativen Vienotiba. Sie bildet derzeit noch die stärkste Fraktion unter den Regierungsparteien. Wegen ihrer inneren Zerstrittenheit hatte sie in der letzten Legislaturperiode das Amt des Ministerpräsidenten der ZZS überlassen. Als Jauna Vienotiba (Neue Einigkeit) wird sie nach dem derzeitigen Ergebnis des Umfrageinstituts SKDS Mühe haben, die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern. Dennoch hat der ZZS-Politiker Maris Kucinskis gute Chancen, Ministerpräsident zu bleiben. Voraussichtlich werden drei neue Parteien ins Parlament einziehen, die für eine weitere von der ZZS angeführten Koalition zur Verfügung stehen könnten. Wahrscheinlich wird auch in der 13. Saeima die sozialdemokratische Fraktion Saskana, die als Vertreterin der russischstämmigen Minderheit gilt, in der Opposition isoliert bleiben. Sie stellt bislang die meisten Abgeordneten und wird aller Voraussicht nach auch im kommenden Parlament die stärkste Fraktion sein. Die allerstärkste „Partei“ besteht allerdings auch bei dieser Wahl aus Nichtwählern und Unentschlossenen: 12,7 Prozent haben sich bereits entschieden, nicht zur Urne zu gehen, weitere 25,5 Prozent wissen noch nicht, ob und welche Wahlliste sie wählen werden. Unter „weiterlesen“ finden Sie die letzten Umfrageergebnisse im Vergleich zur Zusammensetzung der bisherigen Saeima sowie eine Kurzbeschreibung jener Parteien, die voraussichtlich den Einzug ins Parlament schaffen werden.

Das lettische Parlament, die Saeima, Foto: LP

 

Stimmanteile für die einzelnen Fraktionen

(Anteile ohne Nichtwähler und Unentschlossene)

 

SKDS-Umfrage 30.9.2018 in Prozent

Wahlergebnis 12. Saeima 2014 in Prozent

Saskana

(Eintracht)

27,8

23,0

Zalo un Zemnieku savieniba

(Union der Grünen und Bauern)

15,2

19,5

Nacionala apvieniba

(Nationale Allianz)

11,1

16,6

Kam pieder valsts?

(Wem gehört das Land?)

10,1

----

Jauna konservativa partija

(Neue konservative Partei)

8,4

0,7

Attistibai/ Par!

(Für Entwicklung/ Für!)

8,1

----

Jauna Vienotiba

(Neue Einigkeit)

6,1

21,9

Quelle: lsm.lv

Mit voraussichtlich sieben Parteien bzw. Wahlbündnissen wird in der 13. Saeima eine Fraktion mehr vorhanden sein als in der bisherigen. Zwei kleine oppositionelle Mitte-Rechts-Parteien, die erst seit vier Jahren mit Abgeordneten vertreten sind, No sirds Latvijai (Vom Herzen für Lettland) und Latvijas Regionu apvieniba (Lettlands Bündnis der Regionen), werden die Abgeordnetenplätze wohl wieder verlassen müssen. Die lettischen Parteien erweisen sich als äußerst instabil. Keine einzige der derzeitigen Fraktionen war in dieser Form in der 5. Saeima des Jahres 1993, dem ersten frei gewählten Parlament nach der wiedererlangten Unabhängigkeit, vertreten. Die Möglichkeit kleiner Parteien, sich zu gemeinsamen Wahllisten zusammenzuschließen und später zu fusionieren, bedingt ein instabiles Parteiengefüge. Allerdings bieten „neue“ Parteien oder Parteienbündnisse programmatisch häufig nur alten Wein in neuen Schläuchen. Ebenso flexibel erweist sich das politische Personal, das von einer Partei zur nächsten hoppt. Im Gegensatz zu deutschen Wählern muss sich der lettische nicht mit den von Parteien festgelegten Kandidatenwahllisten abfinden: In Lettland kann man an der Urne Saeima-Kandidaten vorziehen oder abstrafen. Im Folgenden finden Sie eine Kurzbeschreibung der Parteien, die voraussichtlich in der 13. Saeima vertreten sind. Anhand des Programmpunkts Sozialpolitik sollen Unterschiede und Gemeinsamkeiten verdeutlicht werden.


Saskana, S - Eintracht

Das linke Wahlbündnis Saskanas centrs wurde 2010 geschlossen und fusionierte inzwischen zur Partei Saskana. Sie bezeichnet sich als sozialdemokratisch. S-Saeima-Abgeordnete übten linkskeynesianische Kritik an Eurobeitritt und Schuldenbremse. Auf nationaler Ebene wird sie als Vertreterin der russischsprachigen Minderheit von der lettischsprachigen Mehrheit beargwöhnt. Die lettische Öffentlichkeit kritisiert, dass sie mit der Partei "Vereintes Russland", die Wladimir Putin nahesteht, einen Kooperationsvertrag geschlossen hat. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise wäre Ministerpräsident Valdis Dombrovskis bereit gewesen, mit Saskana eine Koalition zu bilden. Doch deren Politiker wollten eine gestellte Bedingung nicht erfüllen, nämlich anzuerkennen, dass Lettland 1940 von der Sowjetunion okkupiert worden war. Die Saskana, die im Parlament die größte Fraktion bildet, wird in der Opposition isoliert. Im Rigaer Stadtparlament hingegen koaliert sie mit einer Regionalpartei und stellt hier seit 2009 den Bürgermeister. Das Amt hat der S-Vorsitzende Nils Usakovs inne. Einwohner schätzen die großzügige kommunale Sozialpolitik, zu der u.a. die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs für Senioren gehört. S-Politiker treten moderat auf, bekennen sich zu EU und Nato, kritisieren aber, dass die Regierung den Gebrauch des Russischen an den Minderheitenschulen noch weiter einschränken will. Wird die Saskana von der lettischen Öffentlichkeit wie die fünfte Kolonne Moskaus behandelt, so findet sie auf internationaler Ebene durchaus Anerkennung: Die spd-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung kooperiert mit der lettischen Mitte-Links-Partei und deren EU-Abgeordnete sind Mitglied der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten. In Lettland sind die Sozialdemokraten Kooperationspartner der Gewerkschaften.

S-Sozialpolitik

Wer auf einer Suchmaschine "Saskana" eintippt, wird keine eigene Homepage, sondern einen Facebook-Auftritt finden. Die angebliche fünfte Kolonne Moskaus liefert sich also einem US-Konzern aus. Daher werden jene, die keinen Zugang zum sogenannten "sozialen" Netzwerk haben, im Internet kaum programmatische Inhalte der lettischen Sozialdemokraten auffinden. Unter anderem möchten sie ein festzulegendes Mindesteinkommen von Steuern befreien, einen steuerlichen Grundfreibetrag bei Immobilien, gebührenfreies Essen in Kindergärten und Schulen, gebührenfreie Nutzung des zwischenstädtischen Busverkehrs für Schüler und Senioren, die Erhöhung des staatlichen Gesundheitsbudgets von derzeit kaum vier auf sieben Prozent des BIP. Ziel der Saskana ist es, die ethnische und soziale Spaltung zu überwinden. (cvk.lv)

Weitere LP-Artikel zur Saskana:

Lettland vor der Wahl (1): Saskanas Centrs, die sanften Russenletten

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Lettland: Parlamentarier bauen Schuldenbremse in die Verfassung ein

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Zalo un Zemnieku savieniba, ZZS – Union der Grünen und Bauern

Die Bauernpartei und die Grünen schlossen 2002 ihr Wahlbündnis und treten seitdem als Union auf. Die ZZS ist ideologisch nationalkonservativ ausgerichtet und sieht sich in der Tradition des Staatsgründers und Diktators Karlis Ulmanis, verfolgt aber eine flexiblere und undogmatischere Politik als die Nationale Allianz. Im Gegensatz zu dieser sind innerhalb der ZZS Stimmen zu vernehmen, unter gegebenen Umständen auch mit der sozialdemokratischen Saskana, die als Vertreterin der Russischstämmigen gilt, eine Koalition zu bilden (lsm.lv), was aber regelmäßig bestritten wird. Umstritten sind die Kontakte der ZZS zur Stadtpartei "Latvijai un Ventspilij" (Für Lettland und Ventspils), deren Vorsitzender Aivars Lembergs von seinen Kritikern als "Oligarch" bezeichnet wird, der hinter Lettlands politischer Bühne die Strippen zieht. Die Macht Lembergs` erweist sich darin, dass er in der Ölhafenstadt Ventspils immer noch das Amt des Bürgermeisters ausübt, obwohl ihm dies ein Gericht untersagt hat. Staatspräsident Raimonds Vejonis und Ministerpräsident Maris Kucinskis sind ZZS-Politiker.

LZS-Sozialpolitik:

Die Bauernpartei LZS als der maßgebliche Teil der ZZS beabsichtigt in ihrem Programm (lzs.lv), die Einkommensungleichheit zu verringern und plant deswegen die sozialen Dienste und Hilfen, für die in Lettland die Kommunen zuständig sind, zu fördern und zu erweitern. Für Menschen mit Behinderungen und sozial Benachteiligten will die Bauernpartei Arbeitsplätze in sozialen Unternehmen schaffen. Kinder, Senioren, Schwangere, Behinderte und Familien zählen zu den Gruppen, die unterstützt werden sollen. Zudem will die Bauernpartei dem Bevölkerungsschwund entgegenwirken.

Weitere LP-Artikel zur ZZS:

Lettland – Union der Grünen und Bauern muss Geldstrafe zahlen

Aivars Lembergs "Stipendiaten": Die lettische Art politischer Landschaftspflege

 

Nacionala Apvieniba, NA - Nationale Allianz

Diese Allianz wurde 2010 zwischen nationalkonservativen Parteien geschlossen, von denen zumindest die Partei "Visu Latvijai" (Alles für Lettland) als rechtsradikal eingestuft werden darf. In Flüchtlings- und Migrationsfragen vertritt die NA eine ähnlich xenophobe Haltung wie die deutsche AfD. Als die Regierung Straujuma sich 2015 mit der EU einigte, einige hundert Flüchtlinge aufzunehmen, protestierte die NA gegen die eigene Regierung, an der sie mit drei Ministern beteiligt ist. Politiker der NA unterstützen den Gedenktag der lettischen SS-Legionäre am 16. März, der alljährlich internationale Kritik hervorruft. Innenpolitisch verschärft die NA die Konflikte mit der russischsprachigen Minderheit durch Assimilationsforderungen. Die Nationalkonservativen wollen Minderheitenschulen mit eigener Unterrichtssprache abschaffen. Ein neues Schulgesetz, das von Bildungsminister Karlis Sadurskis (Vienotiba) formuliert wurde, kommt dieser Forderung weit entgegen. Im Gegensatz zu westeuropäischen Nationalkonservativen und Rechtsradikalen zeigt sich die NA nicht eu-skeptisch. Allerdings betrachten Lettlands Nationalisten die EU, um ein Wort des ehemaligen EU-Abgeordneten Otto von Habsburg im abgewandelten Kontext zu bemühen, als "Bollwerk" gegen Russland und kritisieren EU-Politiker, die ein entspannteres Verhältnis zum großen Nachbarn im Osten anstreben.

NA-Sozialpolitik:

Im ausführlichen NA-Programm (nacionalaapvieniba.lv) umfassen auch die Punkte zur Sozialpolitik mehrere Seiten. Die Nationalkonservativen möchten Familien unterstützen, deren Wohnverhältnisse verbessern und eine Drei-Kinder-Politik realisieren. Das Armutsrisiko kinderreicher Familien soll vermindert werden. Für Menschen mit Behinderungen und sozial Benachteiligten fordert die NA bessere Integration durch Schaffung von Arbeitsplätzen. Die dürftigen Sozialhilfen sollen erhöht werden und Rentner hinreichende Einkommen beziehen (was mit den derzeitig ausgezahlten Renten kaum möglich ist).

Weitere LP-Artikel zur NA:

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Erneut Sprachenstreit in Lettland

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Saeima-Vorsitzende In?ra M?rniece traf ihren Kollegen Norbert Lammert in Berlin

Außenpolitische Debatte in der lettischen Saeima - Nationale Allianz fordert von der EU schärferen Kurs gegen Russland

 

Kam pieder valsts? KPV LV - Wem gehört das Land?

Artuss Kaimins, ehemaliger Schauspieler und Radiomoderator, gründete 2016 die KPV. Im Juni 2018 nahmen ihn KNAB-Korruptionsfahnder vorübergehend fest und durchsuchten seine Wohnung. Ihm und zwei weiteren KPV-Politikern wurde vorgeworfen, ihre Partei illegal finanziert zu haben (lsm.lv). Danach erzielte die Partei deutlich bessere Umfrageergebnisse, die darauf deuten, dass die KPV drittstärkste Fraktion im neuen Parlament werden könnte. Nach Ansicht des Politologen Ivars Ijabs ist es Kaimins gelungen, sich als Behördenopfer darzustellen (lsm.lv), so dass seine Partei an Popularität noch gewonnen hat. Kritiker bezeichnen das neue Mitte-Rechts-Gebilde als "populistisch". Auf ihrer Homepage (kampiedervalsts.com) begrüßt die KPV ihre Leser mit der Vision, dass in Lettland im Jahr 2050 wieder 2,5 Millionen lettische Bürger leben sollen (derzeit sind es unter zwei Millionen Staatsbürger und Nichtbürger). Die KPV will einen radikalen Wandel bewirken. Wer auf der Webseite nach dem Programm sucht, wird mit einer Fülle einzelner Schlagworte konfrontiert. Beispielsweise will die KPV den Koalitionsrat der Regierung auflösen, der von den Bürgern nicht gewählt und daher undemokratisch sei und der nach Ansicht Kaimins` sich den Ministerpräsidenten zur Marionette mache. Die KPV will die Zahl der Minister verringern und verspricht eine "konservative" Steuerpolitik. Ein Zitat verdeutlicht, weshalb die KPV Wählerstimmen gewinnt: "Den Behauptungen der Machtpolitiker zum Trotz, dass Lettland grünt und blüht, schwindet die Zahl jener Menschen unaufhörlich, welche der Regierung vertrauen und der Ansicht sind, dass sich das Land in die richtige Richtung entwickelt. Es ist bedauernswert, dass die Machtpolitiker überhaupt nicht bereit sind, über die wirklich bedeutenden Probleme unseres Landes zu sprechen und schon gar nicht über deren wirkliche Lösungen. Heutzutage ist für das Bestehen unseres Landes das Aussterben des lettischen Volkes die größte Herausforderung, doch die derzeitigen Staatsmänner kümmert das nicht. Die geringe Unterstützung für Familien mit Kindern wird als Beispiel für die Schwäche der Politiker betrachtet, dieses Problem grundsätzlich zu lösen." (kampiedervalsts.com)

KPV-Sozialpolitik:

Nach sozialpolitischen Vorstellungen muss man auf der Webseite mühsam suchen, unter "Ziele" ist formuliert, dass die KPV mehr "sozialen Komfort" wünscht, um die Geburtenrate zu erhöhen und im Ausland lebende Letten zur Rückkehr zu bewegen. "Das demographische Wachstum ist nicht das Ziel, sondern der eigentliche Maßstab für das Wohlstandsniveau des Landes. Wenn sich der soziale Komfort in unserem Land verbessert, dann verbessern sich auch die demographischen Kennziffern. Gerade die demographischen Daten, nicht das von den Machtpolitikern angeführte BIP, wird die wirkliche Kennziffer des lettischen Wohlstands sein. Dann werden sich nicht nur die demographischen, sondern auch die Reimmigrationszahlen erhöhen und das Volk wieder Vertrauen zur Regierung fassen." (kampiedervalsts.com)

 

Jauna konservativa partija, JKP - Neue konservative Partei

Die Partei nahm 2014 erstmals an den nationalen Parlamentswahlen teil und erreichte 0,7 Prozent der Stimmen. Diesmal wird sie voraussichtlich die Fünf-Prozent-Hürde sicher überspringen. Vorsitzender ist der ehemalige Justizminister und Ex-Mitglied der Nationalen Allianz, Janis Bordans. Die Konservativen halten 30 Prozent der staatlichen Angestellten für überflüssig und wollen bestimmte öffentliche Institutionen auflösen. Sie befürworten die Mitgliedschaft Lettlands in der Nato und der EU. Sie begrüßen, wenn Lettisch einzige Unterrichtssprache in den Minderheitenschulen wird. Die Partei unterstützt "traditionelle Familienwerte", das bedeutet, dass sie die staatliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften ablehnt.

JKP-Sozialpolitik

Das JKP-Programm okkupiert die europäische Sozialpolitik für die Konservativen und beruft sich dabei auf die deutsche Geschichte. Unter Punkt 5, Sozialstaat, heißt es: "Historisch setzten nicht Sozialisten, sondern gerade Konservative das Modell des Sozialstaats in die Praxis um - in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg verwirklichten gerade Konservative das Modell des Sozialstaats in vielen Ländern Westeuropas. Seinerseits hat Lettland den Übergang von der sowjetischen Planwirtschaft zur freien Marktwirtschaft mit 20 Jahren neoliberalen Kapitalismus bezahlt. Das Ergebnis sind riesige gesellschaftliche Schichtunterschiede, Ungleichheit zwischen reichen und armen Schichten der Gesellschaft, Misstrauen in den eigenen Staat, das Fehlen einer breiten und starken Mittelschicht. Gerade eine starke Mittelschicht wird in den westlichen Demokratien als Stabilitätsgrundlage der gesamten Gesellschaft betrachtet. Als Konservative sind wir der Ansicht, dass in den kommenden Jahren das politische Prinzip sozialer Verantwortung eingeführt werden muss, indem man die Ungleichheit verringert, zur gleichen Zeit die Unternehmertätigkeit unterstützt und entwickelt, was für den Konservatismus als rechte Ideologie schon immer Tradition war." (konservativie.lv)

 

Attistibai/ Par! AP - Für Entwicklung/ Für!

Das Bündnis geht auf den Zusammenschluss dreier Kleinparteien am 20. April 2018 zurück. Ehemalige Spitzenpolitiker der niedergehenden Partei Vienotiba wechselten zur AP. Das Parteiziel ist, ein modernes und rechtskonformes Lettland in einem geeinten Europa zu schaffen. Zu den fünf Grundlosungen gehören der Mensch und seine Würde, Freiheit und Verantwortung, Gerechtigkeit und Gleichheit, Geschlossenheit und Vielfalt, Kreativität und Entwicklung. Zum Stichwort "Geeintes Europa" heißt es im Kurzprogramm: "Lettland fügt sich in den Kern Europas ein - eng integriert in die Eurozone und in den gemeinsamen Markt, in Europas Union der Verteidigung, Sicherheit und inneren Angelegenheiten. Das geeinte Europa garantiert Lettlands Sicherheit. Es bietet Schutz gegen Massenimmigration, Terrorismus und Autoritarismus, sichert die Macht des Gesetzes und der liberalen Demokratie. Lettland erfüllt konsequent seine Budgetverpflichtungen gegenüber der Nato und unterstützt eine größere Präsenz der Verteidigungsallianz auf eigenem Gebiet sowie die größtmögliche gesellschaftliche Widerstandskraft gegen vielfältige Bedrohungen. Im geeinten Europa herrscht gerechte Konkurrenz zwischen den Unternehmern und Landwirten der verschiedenen Länder, gerechte Unterstützung der regionalen Entwicklung, ein tatsächlich geeinter Markt, ein geeintes Budget und wirkliche Solidarität in schwierigen Momenten."

AP-Sozialpolitik

Auch die AP kritisiert die soziale Ungleichheit in Lettland. Das reichste Fünftel der lettischen Einwohner besitzt im Durchschnitt ein sechsfach höheres Einkommen als das ärmste. Besonders Rentner, Behinderte und Alleinerziehende seien armutsgefährdet. Lettland habe nur ein schwaches soziales Netz, das von der finanziellen Situation einzelner Kommunen abhängig sei, deshalb erhalte nicht jeder Bedürftige die notwendige Unterstützung. Die AP verlangt daher mehr Ausgaben für die soziale Sicherheit, die Einführung eines Mindesteinkommens für alle Einwohner und weiteres. Zudem weist das Programm auf ein besonderes lettisches Manko hin: "Während in den wirtschaftlich entwickelten Staaten die sozialen Dienste, die in den Gemeinden und vor Ort helfen, immer bessere Ergebnisse zur Bewahrung und Verbesserung der Lebensqualität aufweisen, werden in Lettland Menschen mit Behinderungen und Kinder ohne elterliche Betreuung in spezialisierten Pflegeanstalten konzentriert, wo ihre Möglichkeiten, ein vollwertiges Leben zu führen, verringert statt vermehrt werden." (attistibaipar.lv)

Jauna Vienotiba, JV - Neue Einigkeit

Das rechtsliberale Parteienbündnis Vienotiba hatte sich 2010 gebildet und erhielt damals aus dem Stand 31,22 Prozent der Wählerstimmen. Ein Großteil ihrer Mitglieder rekrutierte sich aus der neoliberalen Vorgängerpartei "Jaunais Laiks". Mit dem damaligen Ministerpräsidenten und heutigen EU-Kommissar Valdis Dombrovskis war die Vienotiba-Fraktion maßgeblich an der rigiden Austeritätspolitik beteiligt, mit der die lettische Regierung auf die Finanzkrise reagierte. Im Sommer des letzten Jahres stritten verschiedene Parteiflügel um zukünftige Koalitionspartner. Mehrere bekannte V-Abgeordnete traten aus der Partei aus, Spitzenpolitikerin Solvita Aboltina wurde ausgeschlossen (und arbeitet nun als lettische Botschafterin im Vatikan). Zur bevorstehenden 13. Saeima-Wahl taten sich verbliebene Vienotiba-Politiker mit Vertretern von Regionalparteien zur "Jauna Vienotiba" zusammen. Es ist ungewiss, ob dieses Wahlbündnis den Einzug ins Parlament schafft.

 

JV-Sozialpolitik

Im Programm findet man keinen speziellen Paragraphen zur Sozialpolitik. JV möchte die gesundheitliche Versorgung verbessern. Für jeden Einwohner sollen Vorsorgeuntersuchungen kostenlos sein. JV fordert einen gemeinsamen nationalen Standard für medizinische Qualität. (jaunavienotiba.lv) Zum Programmpunkt "Familienwohlfahrt" möchte JV das Wohneigentum junger Familien und den Bau von Mietswohnungen staatlich fördern, Steuern für die Bezieher geringer Einkommen senken, die Renten erhöhen. (jaunavienotiba.lv)

 

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