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Nachricht des Tages (8.2.07): Berlin soll Leugnung kommunistischer Verbrechen strafen
08.02.2007


Nicht zuletzt deshalb, weil sich die deutsche EU-Ratspräsidentschaft – auch mit Blick auf die besondere historische Verpflichtung Deutschlands – entschieden hat, die europaweite Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wieder auf die politische Agenda zu setzen, traf sich Lettlands Justizminister Gaidis Berzins am 7. Februar mit dem deutschen Botschafter in Riga, Eberhard Schuppius, zum Gespräch. Sein Anliegen: Berlin möge sich dafür einsezten, daß sich in dem angestrebten EU-Rahmenbeschluß zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auch ein Verweis auf kommunistische Verbrechen wiederfindet.
 
Bekanntlich enthält ein seit 2005 auf Eis liegender Entwurf zu dem Beschluß auch einen Passus, der für das "öffentliche Billigen, Leugnen oder Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen" eine Mindesthöchststrafe zwischen 1 und 3 Jahren vorsieht. Weite Teilen der europäischen Öffentlichkeit bis hinein in das Europaparlament neigen jedoch dazu, diese Klausel so gut wie ausschließlich mit den Greueln des Nationalsozialismus in Verbindung zu bringen. Eine Steilvorlage für Moskau, das weiterhin den Stalinschen Massenmord etwa an den Balten ungeniert und mit erheblichem Medienaufwand zum Kampf gegen den Faschismus umdeutet und schönredet.

Sein Land, ließ der lettische Justizminister den deutschen Botschafter nun wissen, verurteile die Verbrechen des nationalsozialistischen und des kommunistischen Regimes gleichermaßen. Deshalb werde man sich einer Initiative Estlands anschließen, wonach der europäische Rahmenbeschluß zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit durch eine politische Erklärung über die Verbrechen beider Regimes ergänzt werden soll. G. Berzins bat in diesem Zusammenhang auch um die Unterstützung Berlins. E. Schuppius sagte wiederum zu, das Anliegen seinem Dienstherrn vorzutragen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Ob er dabei auf offene Ohren stoßen wird, kann allerdings auch bezweifelt werden. Zwar dürfte es der deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit dem Rahmenbeschluß durchaus ernst sein; auch ist Bundeskanzlerin Angela Merkel in Vergleich zu ihrem Amtsvorgänger etwas auf Distanz zu Moskau gegangen. Doch im Außenministerium hat ein enger Vertrauter von Pipeline-Schröder das Sagen: eben F.-W. Steinmeier. Ob Berlin unter diesen Bedingungen das fröhliche deutsch-russische Energietreiben mit dem historisch gewiß berechtigten Schmerz peripherer Ostseestaaten belasten möchte, kann als durchaus offene Frage betrachtet werden.

Und so widmete man im weiteren Verlauf des Gesprächs im fernen Riga angenehmeren Themen. So hob G. Berzins die "äußerst gute Zusammenarbeit" beider Länder im Justizbereich hervor. Viele Gesetze der Baltenrepublik seien unter Berücksichtigung deutscher Erfahrungen zustandegekommen, weshalb es viele Berührungspunkte zwischen den Rechtssystemen gebe. Da wollte E. Schuppius nicht nachstehen und lobte seinerseits die hervorragende Kooperation zwischen den Verfassungsgerichten in Karlsruhe und Riga, die dazu beigetragen habe, die "Qualität der verabschiedeten Entscheidungen" zu verbessern.

Schließlich verständigte man sich darauf, im Rahmen der EU enger zusammenzuarbeiten und im Bedarfsfall die Positionen Lettlands und Deutschlands in wesentlichen Fragen untereinander abzustimmen (Neatkariga rita avize und Diena, 8. Februar). Uff, da war die Wendung zur normalen Tagespolitik auch schon geschafft...

-OJR-

 



 
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