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Gesinnungsprobe an der lettisch-russischen Grenze
29.07.2022


Wer den “Aggressorstaat Russland” verteidigt, muss draußen bleiben

An der Grenze zu Russland beim lettischen Grenzort Zilupe, derzeit dürfte sich die Schlange aufgrund der EU-Embargopolitik minimiert haben, Foto: Thomas Grams, eigene Bilder Copyrighted free use, Ссылка

“Er fuhr an den Grenzposten heran. Der Grenzer nahm seine Dokumente, dann kam ein Mann in Zivilkleidung, der darüber eine Weste mit der Aufschrift `Grenze. Schutz. Sicherheit` trug. Er forderte meinen Mann auf, ihm in einen Raum zu folgen. Dort gab er ihm ein Papier ohne irgendwelche bekannten Zeichen. Es war in russischer und englischer Sprache geschrieben. Der Text war schon vorbereitet, er sollte nur seinen Namen und Nachnamen und seine Passdaten einfügen. Als mein Mann fragte, mit welcher Begründung das geschehe, sagte der Mitarbeiter, dass er ihm sonst die Papiere nicht zurückgebe und ihm die Aufenthaltsgenehmigung entzogen werde.” So beschrieb eine lettische Rigenserin der LSM-Journalistin Skirmante Balciute das Erlebnis ihres Ehemannes, der einen russischen Pass hat, bei der Einreise von Russland nach Lettland und der unterschrieb, damit ihm nicht das Aufenthaltsrecht entzogen wurde. (lsm.lv) Balciute berichtete zudem, dass solche und ähnliche Fälle “Erschütterung” bei den Nutzern von Facebook & Co. hervorriefen. Das russische Außenministerium bestellte die lettische Botschafterin ein.


Der lettische Geheimdienst VDD kooperiert mit den Grenzkontrollen. Seine Mitarbeiter überprüfen seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine verstärkt Reisende mit ausländischem Pass, die aus dem “Aggressorstaat Russland” oder seinem “engsten Verbündeten Belarus” kommen. In der Bewertung des VDD könnten solche Personen eine “Bedrohung für die nationale Sicherheit Lettlands” darstellen. “Das Ziel der Überprüfung ist es, Personen zu identifizieren, die die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine unterstützen [...] Im Überprüfungsverfahren wird besonders auf Ausländer geachtet, die beispielsweise einst in den Machtstrukturen Russlands oder Belarus` gedient haben, öffentlich die russische Aggression rühmende Symbole zeigen oder eine negative Einstellung gegen den lettischen Staat ausdrücken. Der größte Teil jener Ausländer, denen die Einreise nach Lettland verweigert wurde, bekundeten offen die Unterstützung für die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine und dessen Einwohner, indem sie die typischen Botschaften der Kriegspropraganda des Kremls benutzten,” schreibt der VDD auf seiner Webseite. (vdd.gov.lv) In den letzten Monaten verweigerte der Geheimdienst 41 Russen, 14 Belarussen und sieben weiteren Ausländern die Einreise.  


Das russische Außenministerium bestellte am 27. Juli 2022 die lettische Botschafterin Dace Rutka ein, um ihr eine Note zu überreichen, um gegen “das provozierende Handeln lettischer Rechtsbehörden” zu protestieren. Iwan Necajew, Vertreter des Moskauer Ministeriums, warf der lettischen Seite vor, “groben Druck” auf russische Bürger auszuüben, die in die lettische Republik einreisen wollten. Sie müssten ein Papier unterschreiben, dass sie der russischen Politik nicht zustimmten, sonst werde ihnen die Einreise verwehrt. (lsm.lv)


Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics entgegnete, dass Lettland gemäß seinen Gesetzen handele: “Dagegen zu protestieren, was wir auf dem Territorium unseres Landes tun oder nicht tun, um unsere Sicherheit zu gewährleisten und Risiken zu minimieren, ist sinnlos. Wir werden weiterhin entsprechend unserer Sicherheitsinteressen handeln. Zugleich möchte ich hinzufügen, dass auch uns Fälle bekannt sind, bei denen lettische Bürger auf der Reise nach Russland oder Belarus beeinflusst werden, man versucht, sie anzuwerben,” warnt Rinkevics und empfiehlt, auf Reisen in diese Länder zu verzichten; es sei nicht die Zeit für Tourismus. Allerdings fahren lettische Einwohner nicht nur aus touristischen Gründen in die Nachbarländer, viele haben Verwandte; der russische Ehemann der Rigenserin kam von der Beerdigung seiner Mutter zurück.


Kritik an der lettischen Grenzpolitik kommt auch von einer ganz anderen Seite, der NGO Amnesty International. Das Schicksal irakischer Flüchtlinge, die an der Grenze zwischen Belarus und Lettland ausharrten, ist weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Nach wie vor erlaubt es aber der gesetzlich verordnete Ausnahmezustand, dass lettische Grenzer Flüchtlinge und Migranten, die über Belarus kommen, gewaltsam zurückdrängen und ihnen verweigern, einen Asylantrag zu stellen. “Während Lettland mehr als 34.000 Flüchtlinge, die aus der Ukraine geflohen sind, willkommen hieß, wurden Migranten und Flüchtlinge an der belarussischen Grenze - hauptsächlich aus Irak und Afghanistan [in beiden Ländern war Lettland militärisch präsent], Kinder eingeschlossen, bei eisigen Temperaturen im Wald allein gelassen,” twitterte Amnesty International am 26. Juli 2022. Lettland habe vor, den Ausnahmezustand an der russischen Grenze bis November zu verlängern, das würde “die Aussetzung des Asylrechts und Pushbacks verlängern, die seit August 2021 gegen internationale Menschenrechte verstoßen und die das Leben vieler Migranten und Flüchtlinge an der Grenze gefährdeten.” (lsm.lv)


Udo Bongartz 

 

 

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