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Lettland: Jahresrückblick 2012
30.12.2012


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Januar 2012

2012 beginnt in Lettland recht stürmisch. Sturm „Ulli“, der zuvor schon über Westeuropa fegte, hat an der Bernsteinküste noch fast Orkanstärke. Die Hafenstadt Ventspils erreicht er noch mit 111,6 Stundenkilometern. In solchen Zeiten haben die Techniker des Energieversorgers Latvenergo viel Arbeit: Zahlreiche Überlandleitungen müssen repariert werden. Für Wirbel sorgen auch die Ergebnisse der vorjährigen Volkszählung: Lettland hat weitaus weniger Einwohner als die Statistiker vorher angaben. Die Zählung kommt nur noch auf 2.067.887 - 309.496 Menschen weniger als bei der Volkszählung im Jahr 2000. Am Monatsende ist es klirrend kalt. Gegen die ökonomische `Kälte` in Menschenrechtsfragen will der Politologe Nils Muižnieks angehen. Er wird zum neuen Kommissar des Europarats gewählt. Er will sich dafür einsetzen, dass das Engagement für die Menschenrechte nicht der Sparpolitik geopfert wird.

 

Februar 2012

Auch lettische Internet-Aktivisten kümmern sich um die Menschenrechte. Im Februar entdecken die Osteuropäer als erste, dass ACTA, das international vereinbarte Abkommen gegen Produktpiraterie, unangenehme Folgen für jeden PC-Nutzer haben könnte. Amnesty International befürchtet beispielsweise, dass dieses Vertragswerk Rechte wie Schutz der Privatsphäre und Meinungsfreiheit gefährdet. In Lettland protestieren die ACTA-Gegner mit Erfolg: Die Regierung vertagt die parlamentarische Umsetzung der internationalen Beschlüsse. Weniger erfolgreich engagiert sich eine Gruppe um den Nationalbolschewisten Vladimirs Lindermans, die per Verfassungsreferendum Russisch als zweite Staatssprache einführen will. Die Volksabstimmung ergibt, dass 75 Prozent aller Staatsbürger dagegen sind.

 

März 2012

Die Tage werden heller, doch in Lettland wird es noch Wochen dauern, bis sich das erste Grün regt. Zum internationalen Frauentag schenken Männer den Frauen Blumensträuße, ein erster Frühlingsgruß. Etwas politischer könnte der lettische Frauentag schon sein: Auch hierzulande werden Frauen schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Öl- und Benzinpreise bestimmen die Schlagzeilen: Erstmals überschreitet der Literpreis für das Benzin die Ein-Lats-Grenze. Der Unfrieden im Nahen Osten ist nicht der einzige Grund für die stetige Verteuerung des wichtigsten Rohstoffs der Weltwirtschaft. Wem das Autofahren zu teuer wird, kann sich aufs Schmökern verlegen: Im März erscheint „Landvermesserzeiten“ der Brüder Kaudz?te erstmals auf Deutsch. Der erste Roman der lettischen Literatur aus dem Jahr 1879 beschreibt die entfachte kapitalistische Besitzgier und den Unfrieden, den sie in die Dörfer bringt. Das Werk der Kaudz?tes scheint immer noch aktuell.

 

April 2012

Der Jurist und Ökonom Aigars Štokenbergs zieht sich aus der Politik zurück. Damit endet die Hoffnung jener, die sich für Lettland eine linksliberale Alternative wünschten. Seine Partei Sabiedr?ba citai politikai/ Gesellschaft für eine andere Politik (SCP) konnte keine Wahlerfolge erzielen. Štokenbergs, einer der reichsten und einflussreichsten Männer Lettlands, bemerkte selbstkritisch, dass die Pullover, die er trage, zu teuer seien, um soziale Politik glaubwürdig zu vertreten. Jede Krise hat ihr Gutes: Seit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch von 2009 entdecken die Letten mehr und mehr, dass sie mit dem Fahrrad günstiger und umweltfreundlicher unterwegs sind. Doch die Drahtesel locken auch die Diebe. Der lettische Pop-Musiker Ren?rs Kaupers ist siebenfaches Opfer des gängigen Fahrradklaus. Er unterstützte im April eine Initiative der Ir-Redaktion: Diese präparierte fünf abgestellte Fahrräder mit GPS-Sender und wartete auf Diebe. Bislang ist aber nur ein Video mit überführtem Täter im Internet zu besichtigen. Offenbar sind auch Fahrraddiebe „online“.

 

Mai 2012

 

Im Wonnemonat Mai schauten die Letten nach Schweden und Finnland. Denn in diesen Ländern fand „die“ Weltmeisterschaft statt. Und „die“ bedeutet für Letten: die Eishockey-WM. Gegen die Deutschen kann die „Izlase“ noch ein mühsames 3:2 erringen. Doch die nächsten Spiele verlaufen für die Rot-Weiß-Roten enttäuschend: Nur der Abstieg aus der Riege der besten Eiskockey-Nationen kann verhindert werden. Nils Freivalds, Vorstandsvorsitzender der Pasažieru vilciens (PV), der staatlichen Eisenbahn-AG, die für den lettischen Personenverkehr zuständig ist, tritt zurück: Zu ungereimt sind die Geschäfte mit einem spanischen Hersteller, der neue Züge liefern soll. Die EU-Kommission hatte zuvor damit gedroht, vorgesehene Fördermittel aus dem Kohäsionsfonds zu streichen. Am Monatsende erweisen sich die lettischen Parlamentarier als folgsame Jünger der deutschen Bundesregierung: Sie fügen die international vereinbarte „Schuldenbremse“ in die lettische Verfassung ein. Dabei war Lettland als Noch-Nicht-Euro-Land dazu gar nicht verpflichtet.

 

Juni 2012

 

Die lettische Regierung lobpreist sich. Lettland, das 2009 die schärfste Rezession der ganzen EU registrierte, ist nun mit 6,9 Prozent Konjunktur-Spitzenreiter. Doch die Bevölkerung hat nach wie vor Schwierigkeiten, hinreichend bezahlte Jobs zu finden. Aufsehen erregt ein Gerichtsurteil gegen den Lebensmittelkonzern Palink: Da dieser in einem Rechtsstreit mit einem Bauunternehmen die Zahlung verweigerte, erklärte eine Richterin die Insolvenz der REWE-Tochter, zu der die Ketten iki und cento gehören. Die Deutsche Bank verantwortet auch an der Bernsteinküste unrühmliche Schlagzeilen: Mit Riga machten die Banker ein Kreditgeschäft, dass den städtischen Haushalt noch für viele Jahre belasten wird. Juristische Konsequenzen hat dabei niemand zu befürchten, Ende des Monats stellt die lettische Wirtschaftspolizei die Ermittlungen ein.

 

Juli 2012

 

Die Stadtregierung des Bürgermeisters Nils Ušakovs gilt als sozialdemokratisch. Doch populistisch, auf Umfragen gestützt, beschließt die Ratsmehrheit, das Betteln in der Altstadt zu verbieten. So bereitet sich die Baltenmetropole auf 2014 vor, wenn sie EU-Kulturhauptstadt sein wird. Wird es ein Kulturjahr der Reichen und Schönen werden? Hunde und Arme werden offenbar draußen bleiben müssen. Der WWF sorgt sich um den Zustand der Ostsee, der übermäßige Zufluss von Nährstoffen führt zu Algenblüten und Sauerstoffmangel. Die „Todeszonen“ des Gewässers vergrößern sich. Dies ist eine Folge der industrialisierten Landwirtschaft. Dabei bergen die Gewässer der Ozeane begehrte Früchte. Litauische Kriminelle stehlen in Bremerhaven Garnelen, die schließlich in einer lettischen Kühlkammer entdeckt werden.

 

August 2012

 

Trotz propagierter Konjunktur bevorzugen viele Letten weiter Jobs im Ausland: Dabei ist das Risiko groß, Opfer von betrügerischen Arbeitsvermittlern zu werden. Trotzdem locken schon 1000-Euro-Jobs, wenn eine Vollzeitarbeit an der Kasse eines lettischen Supermarkts gerade einmal ein Viertel davon einbringt. International sind die Wirtschaftspolitiker voll des Lobes für Lettlands monetaristischen Kurs. Sogar eine Mitgliedschaft im Club der reichen Nationen, der OECD, wird den Letten in Aussicht gestellt. Ob sich eine lettische Kassiererin davon etwas kaufen kann?

 

September 2012

 

Rigas gute Stube, das wieder errichtete Schwarzhäupterhaus, das einst Versammlungsstätte lediger Kaufleute war, wird für die Öffentlichkeit geschlossen. Der Staatspräsident richtet hier seine Arbeitsräume ein, denn sein eigentlicher Sitz, die Rigaer Burg, wird in den nächsten Jahren renoviert. Die lettische Regierung schließt einen Vertrag mit der Kanalinsel Guernsey. Zukünftig sollen lettische Steuereintreiber das Recht haben, sich über Konten zu informieren, die Letten auf der Insel angelegt haben. Ein erster kleiner Schritt, um die global organisierte Steuerflucht einzudämmen. Lettische Richter prüfen das Finanzgebaren der Partei Za?o un Zemnieku savien?ba (Bündnis der Grünen und Bauern), die dem Oligarchen aus Ventspils, Aivars Lembergs, nahesteht. Wegen illegaler Finanzierung von Werbespots muss das Bauernbündnis eine Geldstrafe zahlen. Am Monatsende sorgt ein neues Referendum für Aufsehen: Die Initiative Par vienl?dz?g?m ties?b?m/ Für gleiche Rechte will, dass Staatenlose, die in Lettland leben, bedingungslos die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bislang ist der Lettisch-Sprachtest eine wichtige Voraussetzung, um alle Bürgerrechte zu bekommen.

Oktober 2012

Eigentlich wollte die lettische Eisenbahn für mehr als 200 Millionen Euro neue Züge beim spanischen Hersteller Construcciones y Auxiliares de Ferrocariles. Ein Großteil davon sollte mit EU-Mitteln finanziert werden. Die EU-Kommission bemängelte den Vertragsabschluss und forderte einen neuen. Doch darauf können sich die lettischen und spanischen Verhandlungspartner bis zum Fristende im Oktober nicht einigen. Ob die lettische Eisenbahn in Zukunft mit zeitgemäßen Zügen unterwegs ist, bleibt ungeklärt. Der Minister für regionale Entwicklung, Edmunds Spr?džs, will den Oligarchen von Ventspils, Aivars Lembergs, aus seinem langjährigen Bürgermeisteramt vertreiben. Doch den Rat der Ölhafenstadt beeindruckt der Spr?džs` Aktionismus nicht – Lembergs bleibt Bürgermeister. Staatspräsident Andris B?rzi?š reist ins befreundete Ausland: In Berlin trifft er Angela Merkel. Die Deutschen wünschen sich, dass die Letten sich für den Fortbestand der Euro-Zone einsetzen. Schließlich beabsichtigt die lettische Regierung 2014 selbst, die EU-Währung in ihrem Land einzuführen.

 

November 2012

 

Die Centr?l? v?l?šanu komisija/ Zentrale Wahlkommission untrsagt der Initiative Par vienl?dz?g?m ties?b?m/ Für gleiche Rechte, das eingeleitete Referendum zur bedingungslosen Erteilung der lettischen Staatsbürgerschaft weiter durchzuführen. Die Kommissionsmehrheit begründet ihre Entscheidung mit Verfassungsgrundsätzen, doch ihr Beschluss bleibt juristisch fragwürdig. Staatspräsident Andris B?rzi?š erregt die öffentliche Aufmerksamkeit, weil er Statistiken bezweifelt, die beziffern, wie sehr das Land in Arm und Reich gespalten ist. Regierungschef Valdis Dombrovskis sorgt für internationale Aufregung: Auch er droht auf dem EU-Gipfel mit einem Veto, falls die lettischen Bauern bei der Agrarsubventionierung weiterhin benachteiligt werden.

 

Dezember 2012

 

Ethnologe Guntis Pakalns berichtet von seiner spannenden Entdeckung, die er in einem Göttinger Institut machte: Dort lagern über 10.000 Schreibmaschinenseiten. Es sind die deutschsprachigen Übersetzungen der größten lettischen Märchensammlung, die P?teris Šmits ywischen 1925 und 1937 herausgab. Demnächst können Märchenforscher und interessierte Laien drei der fünfzehn Bände im Internet in deutscher Sprache lesen. Die lettische Konjunktur hält an – „Brummende Wirtschaft mit niedrigen Löhnen“ war die Schlagzeile des letzten Artikels. Mit dem Wunsch, demnächst über eine florierende Wirtschaft mit fairen Löhnen zu berichten zu dürfen, verabschiedet sich die Lettische Presseschau vom Jahr 2012 und wünscht den Lesern ein lebenswertes und angenehmes Jahr 2013.




 
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